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Blut, blutbildende Organe, Immunsystem

Ob bzw. inwieweit sich Beschwerden aus den Bereichen Blut, blutbildende Organe und Immunsystem in der Einordnung in einen bestimmten Grad der Behinderung ableiten lassen, ist vor allem von der Schwere der Erkrankung abhängig.

Unter anderem spielen hierbei Fragen, wie zum Beispiel „Welche Organe sind wie stark beschädigt bzw. eingeschränkt?“, „Sind auch andere Organe betroffen?“ und „Wie kann der Allgemeinzustand des Betroffenen beschrieben werden?“ eine wichtige Rolle. 

Die Liste der möglichen Krankheiten und Beschwerden ist hier lang. Daher ist es unter anderem auch möglich, dass mehrere Symptome gleichzeitig auftreten. Zudem sollte die psychologische Komponente auf keinen Fall vernachlässigt werden. Denn: einige Krankheiten, die im direkten Zusammenhang mit dem Blut, den blutbildenden Organen und dem Immunsystem stehen, können sogar lebensbedrohlich werden.

Im Folgenden wird auf einige Krankheitsbilder aus dieser Kategorie eingegangen.

Der Verlust der Milz

Ohne Milz zu leben, bedeutet unter anderem in der Regel, öfter von Infektionen heimgesucht zu werden. Wer bedenkt, dass dieses Organ unter anderem auch im Rahmen einer Blutvergiftung eine wichtige Rolle spielt, weiß, dass es sich hierbei um eine enorme psychische Belastung handeln kann, die manchmal sogar in einer manifestierten Angsterkrankung mündet. Je nachdem, ob die Milz im Kindesalter (bis zum Ende des achten Lebensjahres) oder danach entfernt wurde, kann ein Behinderungsgrad zwischen zehn und 20 Prozent beansprucht werden.

Die Hodgkin Krankheit bzw. das Hodgkin Lymphom und Leukämien

Beim Hodgkin Lymphom handelt es sich um einen bösartigen Tumor des Lymphsystems. Sie wird in verschiedene Stadien eingeteilt:

  • Stadium 1 – hier ist nur eine Lymphknotenregion befallen
  • Stadium 2 – im zweiten Stadium sind mindestens zwei Regionen auf einer Seite des Zwerchfells betroffen
  • Stadium 3 – s. Stadium 2, außer dass hier beide (!) Seiten des Zwerchfells betroffen sind
  • Stadium 4 – hier ist eines oder sind mehrere extralymphatische Organe betroffen. Stadium 4 kann mit und ohne einen Befall von Lymphknoten einhergehen.

Wer unter einem hochmalignen Non-Hodgkin Lymphom leidet, gilt in der Regel bis zum Ende seiner Intensiv-Therapie zu 100 Prozent als schwerbehindert.

Gerade der Bereich der Leukämien kann sehr vielseitig sein und mit den unterschiedlichsten Symptomen verbunden werden. Um beurteilen zu können, inwieweit sich die Beschwerden in einem bestimmten Behinderungsgrad widerspiegeln muss daher immer höchst individuell beurteilt werden. Eine Behinderung von 100 Prozent wird in der Regel dann aktuell, wenn die Patienten dauerhaft auf Transfusionen angewiesen sind, häufig unter Infektionen leiden und besonders stark zu Blutungen neigen.

Immundefekte und HIV

Angeborene und/ oder erworbene Immundefekte können das Leben der Betroffenen stark beeinflussen. Oft leiden sie – trotz Therapie – unter einer deutlich erhöhten Infektanfälligkeit. Je nach Ausprägung ist hier ein Behinderungsgrad von 50 Prozent – manchmal auch mehr – möglich. Wer unter einer erworbenen HIV Infektion leidet, jedoch keine Symptome hat, hat meist Anspruch auf zehn Prozent. Zeigen sich Symptome und werden diese so stark, dass sie sich in einer schweren Leistungsbeeinträchtigung zeigen, sind jedoch auch 100 Prozent möglich. Im Falle einer geringen Einschränkung liegt der Behindertengrad meist zwischen 30 und 40 Prozent.

Blut, blutbildende Organe, Immunsystem und Versorgungsmedizinische Grundsätze: GDB-Tabelle (GDS-Tabelle)

Die Höhe des GdS bei Krankheiten des Blutes, der blutbildenden Organe und des Immunsystems richtet sich nach der Schwere der hämatologischen Veränderungen, nach den Organfunktionsstörungen, nach den Rückwirkungen auf andere Organe, nach der Auswirkung auf den Allgemeinzustand und der Häufigkeit von Infektionen.

Anmerkung
 

16.1 Verlust der Milz
 
 bei Verlust im frühen Kindesalter, dann bis zur Vollendung des 8. Lebensjahres20
 danach oder bei späterem Verlust10

Anmerkung
 

16.2 Hodgkin-Krankheit
 
 im Stadium I bis IIIA 
 bei mehr als sechs Monate andauernder Therapie, bis zum Ende der Intensiv-Therapie je nach Auswirkung auf den Allgemeinzustand60 – 100
 nach Vollremission GdS für die Dauer von drei Jahren (Heilungsbewährung)50
 im Stadium IIIB und IV 
 bis zum Ende der Intensiv-Therapie100
 nach Vollremission GdS für die Dauer von drei Jahren (Heilungsbewährung)60

16.3 Non-Hodgkin-Lymphome
 

16.3.1 Chronische lymphatische Leukämie und andere generalisierte niedrigmaligne Non-Hodgkin-Lymphome
 
 mit geringen Auswirkungen (keine wesentlichen Beschwerden, keine Allgemeinsymptome, keine Behandlungsbedürftigkeit, keine wesentliche Progredienz)30 – 40
 mit mäßigen Auswirkungen (Behandlungsbedürftigkeit)50 – 70
 mit starken Auswirkungen, starke Progredienz (z.B. schwere Anämie, ausgeprägte Thrombozytopenie, rezidivierende Infektionen, starke Milzvergrößerung)80 – 100

Anmerkung
 

Lokalisierte niedrigmaligne Non-Hodgkin-Lymphome
 
 nach Vollremission (Beseitigung des Tumors) für die Dauer von drei Jahren (Heilungsbewährung)50

Anmerkung
 

16.3.2 Hochmaligne Non-Hodgkin-Lymphome
 
 bis zum Ende der Intensiv-Therapie100
 nach Vollremission GdS für die Dauer von drei Jahren (Heilungsbewährung)80

16.4 Plasmozytom (Myelom)
 
 mit geringen Auswirkungen (keine wesentliche Auswirkung auf den Allgemeinzustand, keine Behandlungsbedürftigkeit, ohne Beschwerden, keine wesentliche Progredienz)30 – 40
 mit mäßigen Auswirkungen (Behandlungsbedürftigkeit)50 – 70
 mit starken Auswirkungen (z.B. schwere Anämie, starke Schmerzen, Nierenfunktionseinschränkung)80 – 100

16.5 Myeloproliferative und myelodysplastische/myeloproliferative Neoplasien
 
 Auswirkungen auf andere Organsysteme sind zusätzlich zu bewerten. 

16.5.1 Chronische myeloische Leukämie, BCR/ABL-positiv
 
 Im Stadium der kompletten hämatologischen, kompletten zytogenetischen und molekularen Remission beträgt der GdS10 – 20
 Im Stadium der kompletten hämatologischen Remission je nach Ausmaß der zytogenetischen Remission beträgt der GdS30 – 40
 Im chronischen Stadium, auch bei Krankheitsbeginn (im ersten Jahr der Therapie), bei fehlender Remission oder bei Rezidiv je nach Organvergrößerung, Anämie, Thrombozytenzahl und in Abhängigkeit von der Intensität der Therapie beträgt der GdS50 – 80
 In der akzelerierten Phase oder in der Blastenkrise beträgt der GdS 100

16.5.2 Atypische chronische myeloische Leukämie, BCR/ABL-negativ; chronische Neutrophilen-Leukämie; chronische myelomonozytäre Leukämie
 Im Stadium der kompletten hämatologischen Remission beträgt der GdS40
 Im chronischen Stadium, auch bei Krankheitsbeginn (im ersten Jahr der Therapie), ist die Teilhabebeeinträchtigung insbesondere abhängig vom Ausmaß der Organvergrößerung und Anämie, der Thrombozytenzahl und der Intensität der Therapie. Der GdS beträgt 50 – 80
 In der akzelerierten Phase oder in der Blastenkrise beträgt der GdS100

16.5.3 Primäre Myelofibrose (Chronische idiopathische Myelofibrose)
 Bei geringen Auswirkungen (keine Behandlungsbedürftigkeit) beträgt der GdS10 – 20
 Bei mäßigen Auswirkungen (Behandlungsbedürftigkeit) beträgt der GdS30 – 40
 Bei stärkeren Auswirkungen (insbesondere mäßige Anämie, geringe Thrombozytopenie, ausgeprägte Organomegalie) beträgt der GdS50 – 70
 Bei starken Auswirkungen (insbesondere schwere Anämie, ausgeprägte Thrombozytopenie, exzessive Organomegalie) beträgt der GdS80 -100

16.5.4 Chronische Eosinophilen-Leukämie/Hypereosinophilie-Syndrom
 Die Teilhabebeeinträchtigung ist insbesondere abhängig vom Ausmaß der Organomegalie, Hautbeteiligung, Blutbildveränderungen und Nebenwirkungen der Therapie. Der GdS beträgt mindestens50

16.5.5 Polycythaemia vera
 Bei Behandlungsbedürftigkeit 
 – mit regelmäßigen Aderlässen. Der GdS beträgt10
 – mit zytoreduktiver Therapie ist die Teilhabebeeinträchtigung insbesondere abhängig vom Ausmaß der Nebenwirkungen der Therapie. Der GdS beträgt30 – 40
 Übergänge zu anderen myeloproliferativen Erkrankungen sind analog zu diesen zu bewerten. 

16.5.6 Essentielle Thrombozythämie
 Bei Behandlungsbedürftigkeit 
 – mit Thrombozytenaggregationshemmern. Der GdS beträgt10
 – mit zytoreduktiver Therapie ist die Teilhabebeeinträchtigung insbesondere abhängig vom Ausmaß der Nebenwirkungen der Therapie. Der GdS beträgt30 – 40
 Übergänge zu anderen myeloproliferativen Erkrankungen sind analog zu diesen zu bewerten. 

16.5.7 Die juvenile myelomonozytäre Leukämie ist analog zur akuten myeloischen Leukämie zu bewerten.

Anmerkung (zu Nr. 16.5 mit Unterpunkten)

16.6 Akute Leukämien
 
 bis zum Ende der Intensiv-Therapie100
 danach für die Dauer von drei Jahren (Heilungsbewährung)60

Anmerkung
 

16.7 Myelodysplastische Syndrome
 
 mit geringen Auswirkungen (ausgeglichen und ohne wesentliche Allgemeinstörungen)10 – 20
 mit mäßigen Auswirkungen (z.B. gelegentliche Transfusionen)30 – 40
 mit stärkeren Auswirkungen, (z.B. andauernde Transfusionsbedürftigkeit, rezidivierende Infektionen)50 – 80
 mit starken Auswirkungen (z.B. andauernde Transfusionsbedürftigkeit, häufige Infektionen, Blutungsneigung, leukämische Transformation)100

Aplastische Anämie (auch Panmyelopathie), Agranulozytose
 
 Der GdS bei aplastischer Anämie oder Agranulozytose ist auch nach Therapie analog zu den myelodysplastischen Syndromen zu bewerten. 

16.8 Knochenmark- und Stammzelltransplantation
 
 Nach autologer Knochenmark- oder Blutstammzelltransplantation ist der GdS entsprechend der Grundkrankheit zu beurteilen. 
 Nach allogener Knochenmarktransplantation für die Dauer von drei Jahren (Heilungsbewährung)100
Danach ist der GdS nach den verbliebenen Auswirkungen und dem eventuellen Organschaden, jedoch nicht niedriger als 30, zu bewerten. 

Anmerkung
 

16.9 Anämien
 
Symptomatische Anämien (z.B. Eisenmangelanämie, vitaminabhängige Anämien) sind in der Regel gut behandelbar und nur vorübergehender Natur.
Therapierefraktäre Anämien (z.B. bestimmte hämolytische Anämien, Thalassämie, Erythrozytenenzymdefekte) 
 mit geringen Auswirkungen (ausgeglichen und ohne wesentliche Allgemeinstörungen)0 – 10
 mit mäßigen Auswirkungen (z.B. gelegentliche Transfusionen)20 – 40
 mit starken Auswirkungen (z.B. andauernde Transfusionsbedürftigkeit)50 – 70

16.10 Hämophilie und entsprechende plasmatische Blutungskrankheiten (je nach Blutungsneigung)
 
 leichte Form
mit Restaktivität von antihämophilem Globulin (AHG) über 5%
20
 mittelschwere Form – mit 1-5% AHG 
 mit seltenen Blutungen30 – 40
 mit häufigen (mehrfach jährlich) ausgeprägten Blutungen50 – 80
 schwere Form – mit weniger als 1% AHG80 – 100

Anmerkung
 

Sonstige Blutungsleiden
 
 ohne wesentliche Auswirkungen10
 mit mäßigen Auswirkungen20 – 40
 mit starken Auswirkungen (starke Blutungen bereits bei leichten Traumen)50 – 70
 mit ständiger klinisch manifester Blutungsneigung (Spontanblutungen, Gefahr lebensbedrohlicher Blutungen)80 – 100
Eine Behandlung mit Antikoagulantien ist bei der Grundkrankheit (z.B. bei Herzklappen- und Gefäßprothesen, Thrombophilie) berücksichtigt. Wenn die Grundkrankheit nicht mehr besteht bzw. keinen GdS  mehr bedingt, aber eine Weiterbehandlung mit Antikoagulantien erforderlich ist, kann – analog den sonstigen Blutungsleiden – in der Regel ein GdS von 10 angenommen werden.

Anmerkung
 

16.11 Immundefekte
 
Angeborene Defekte der humoralen und zellulären Abwehr (z.B. Adenosindesaminase-Defekt, DiGeorge-Syndrom, permanente B-Zell-Defekte, septische Granulomatose) 
 ohne klinische Symptomatik0
 trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit, aber keine außergewöhnlichen Infektionen20 – 40
 trotz Therapie neben erhöhter Infektanfälligkeit auch außergewöhnliche Infektionen (ein bis zwei pro Jahr)50
 Bei schwereren Verlaufsformen kommt ein höherer GdS in Betracht. 

Erworbenes Immunmangelsyndrom (HIV-Infektion)
 
 HIV-Infektion ohne klinische Symptomatik10
 HIV-Infektion mit klinischer Symptomatik 
       geringe Leistungsbeeinträchtigung (z.B. bei Lymphadenopathiesyndrom [LAS])30 – 40
       stärkere Leistungsbeeinträchtigung (z.B. bei AIDS-related complex [ARC])50 – 80
       schwere Leistungsbeeinträchtigung (AIDS-Vollbild)100